***  1963 - 1972  *** 


1 9 6 3  -  Seegfrörni

Ankündigungsschreiben aus Immenstaad
Ankündigungsschreiben aus Immenstaad

 

Freitag, 8. Februar 1963 – Traditionsmarsch der Hennenschlitter

 

Als Urknall der heutige Hechtler-Clique muss dieses Datum angesehen werden. Da in diesem Winter der Bodensee über gut einen Monat komplett zugefroren war, besannen sich die Hennenschlitter aus Immenstaad einer alten Gepflogenheit, nämlich der Überbringung ihres obligaten Zehntens nach Münsterlingen - aber diesen Winter über das Eis. Ein kurzes Schreiben des Immenstaader Fremdenverkehrsvereins an die Gemeindekanzlei Münsterlingen kündigte diesen aussergewöhnlichen Besuch an.

 

Ankunft der Hennenschlitter am Schweizer Ufer
Ankunft der Hennenschlitter am Schweizer Ufer

 

Der damalige Gemeindeammann Robert Senn organisierte für die illusteren Gäste aus Übersee - 42 an der Zahl, wovon fast die Häfte Frauen - Hals über Kopf einen gebührenden Empfang, mit Behördenvertretern, Geistlichkeiten, Schulkindern, Musik und vielen Ortseinwohnern. Nach dem freudigen Empfang der bunten Schar und der Übergabe des Zehntens wurde im ehemaligen Gasthof Hecht ausgiebig gefeiert.

 

 

Immenstaader und Münsterlinger vereint
Immenstaader und Münsterlinger vereint

Die Heimkehr der Hennenschlitter zurück nach Immenstaad erfolgte dann in Begleitung einer kleineren Gruppe von Münsterlingern, welche dort ebenso freudig empfangen und im Gasthof Seehof ebnefalls entsprechend bewirtet wurde. Das ausgiebige Feiern liess die Rückkehr der Schweizer erst anderntags zu.

 

 

11. November 1963 – der 11.11. bei den Hennenschlittern

 

Bereits im gleichen Jahr reisten einige Münsterlinger - auf Einladung der Hennenschlitter - zur närrischen Sitzung zur Eröffnung der Fasnacht 1964 nach Immenstaad. Anlässlich dieses Besuchs pflanzte der damalige Narrenvater Franz Traub den Gästen die Idee ein, doch auch in Münsterlingen eine närrische Gruppe zu gründen. Dieser Geistesblitz kann also sozusagen als die Zeugung der Hechtler angesehen werden.

 

 

1 9 6 4 - Gründung Hechtler

 

Und bereits wieder anfangs Jahr erhielten die Münsterlinger eine Einladung zum Schmotzige Dunnschtig in Immenstaad. Die erneute Fahrt dorthin liessen sich einige Herren nicht entgehen. Vor Ort wurden die Gäste nach Strich und Faden verwöhnt. Und auch vom reichhaltigen Fasnachtsprogramm waren sie tief beeindruckt. Anders überrascht waren die Münsterlinger dann allerdings, als sie im Laufe des üblichen Festakts aufgefordert wurden, ein paar Worte an die Anwesenden zu richten. Robert Senn - sozusagen der Anführer der Gästegruppe - fragte damals den neben ihm stehenden Robert Greuter, ob er dazu bereit sei, oder besser gesagt, ob ihm gerade etwas Passendens einfalle. Letzterer, wortgewandt wie immer, begab sich selbstbewusst nach vorne ans Rednerpult, und seine spontanen Worte wurden mit gebührendem Applaus gewürdigt. Ein gelungener Anfang.

 

Dienstag, 26. Mai 1964 – Gründung der Hechtler

 

Mit dem Besuch der Hennenschlitter im Winter des Vorjahres und dem weisen Rat von Franz Traub bestand Handlungsbedarf. Es konnte doch nicht sein, dass Münsterlingen auf dieser Seite des Bodensees mit keiner ebenbürtigen Organisation bzw. Fasnachtsvereinigung gegenhalten konnte. Robert Senn ergriff die Initative und hielt in seinem Umfeld Ausschau nach möglichen närrischen Kollegen. Als Kandidaten dachte er damals spontan an seine regelmässigen Stammtischkollegen im Gasthofs Hecht.

1. Oberhecht - Robert Greuter
1. Oberhecht - Robert Greuter

 

Die Gründungsversammlung fand dann logischerweise auch in diesem Stammlokal statt. Gergründet wurde ein Club mit dem Namen "Narrenclique Hechtler Münsterlingen". Anwesend von den Eingeladenen waren damals: Robert Senn, Robert Greuter, Oskar Lottenbach, Hermann Labhart, Gustl Stöhr, Hans Meier und Hans Mathis. Entschuldigt hatten sich: Emil Goldinger und Willi Müller. Und nicht erschienen waren: Ernst Schmid sen. Und Jacques Häberli. Obschon sich Robert Senn als grosser Kämpfer für die Gründung eines Narrenvereins als dessen Präsidenten bzw. Narrenvater aufgedrängt hätte, wählten die Herren an seiner Stelle Robert Greuter. Röbi Senn wollte diese Aufgabe aufgrund seiner grossen Belastung als damaliger Ortsvorsteher und Stellvertreter des Bezirksstatthalters nicht annehmen. Der erste gewählte Vorstand setzte sich dann wie folgt zusammen:

  • Präsident und Narrenvater: Robert Greuter
  • Vizepräsident: Hans Meier
  • Kassier und Säckelmeister: Oskar Lottenbach
  • Aktuar: Gustl Stöhr

Mai bis November 1964 - Steter Aufbau der Hechtler-Clique

 

In dieser Zeit beschäftigten sich der Vorstand und die wenigen Mitglieder des neuen Vereins mit zahlreichen Aufgaben. So sah der neue Präsident eine Aufgabe darin, nach einem passenden Symbol für die junge Narrenclique zu suchen. Seine Idee: Die Hennenschlitter kamen über das Eis, wir aber müssen hinüber schwimmen – ergo kommt nur ein Fisch infrage. Mit dem Rat seines Kollegen Ernst Schmid sen. Entstand dann der ursprüngliche Hecht. Entsprechend dem Vorbild der Hennenschlitter, welche ihr Hennen-Symbol auf dem Kopf tragen, sollte dies auch für die Hechtler so sein. Malermeister Schmid fasste den Auftrag, 11 Hüte mit einem Hecht darauf anzufertigen. Ein weiteres Exemplar sollte über dem Stammtisch im Gasthof Hecht zu hängen kommen.

 

Ab jetzt alle mit Hechtler-Hut
Ab jetzt alle mit Hechtler-Hut

 

Ab dieser Zeit entstand auch eine dauerhafte und sehr intensive Kontaktpflege zwischen Münsterlingen und Immenstaad. Zudem benötigte es auch zahlreiche Besprechungen, Vorstandssitzungen und eine Mitgliederversammlung, um ein Konzept über das Wirken der neuen Clique zu finden. Alles war Neuland.

 

 

Mittwoch, 11. November 1964 - Erster Besuch der Hechtler in Immenstaad

 

Anfangs November erhielten die Hechtler von den Hennenschlittern die erste offizielle Einladung zu den Aktivitäten am 11.11., dem Fasnachtsauftakt in Immenstaad. Da eine Vereinsadresse drüben noch nicht vorlag, wurde der Brief einfach an Hermann Labhart - Wirt des Gasthauses Hecht - gesandt, mit der Bitte um entsprechende Weiterleitung. Narrenvater Robert Greuter bestätigte den Immenstaadern, dass eine Delegation von 6 - 7 Männern erscheinen würde. Letztendlich beehrten damals 5 Hechtler - alle mit Hut - die Hennenschlitter mit ihrer Anwesenheit. Und sogar im Südkurier erschien ein Bericht über den Anlass mit den Gästen aus Münsterlingen. Schon damals - und bis heute - hatte die Fasnacht in der Gesellschaft der Region einen grossen Stellenwert.

 

Bericht im Südkurier
Bericht im Südkurier

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Jetzt beginnt es richtig zu laufen zwischen den beiden Narrengesellschaften beidseits des Sees. So trifft bei den Hechtlern auch die offizielle Einladung zum grossen Kappenabend vom Samstag, 30. Januar im Seehof in Immenstaad ein. Das Motto: Schön ist die Liebe im Häfele. Robert Greuter bestätigte die Teilnahme von 3 bis 4 Hechtlern und erwähnte, dass sie gegen Abend im Häfele vor Anker gehen werden. Zur Enttäuschung aller wurde aus diesem Besuch leider nichts. Denn kurzfristig kam die Mitteilung, dass der Anlass bereits tags zuvor am Freitagabend stattfände. Und ein Fest mit später Heimkehr lag natürlich nicht drin, denn die Hechtler mussten damals üblicherweise am Samstag noch zur Arbeit. Ein Absage des Besuchs war unvermeintlich.

 

Statuten und der Hecht über dem Stammtisch

 

Anlässlich der Hauptversammlung im Gasthof Hecht wurden neben diversen Punkten auch die neuen Statuten behandelt, wobei letztere die einstimmige Genehmigung erfuhren. Zum Abschluss des Abends offerierte der Gastgeber zur Einweihung des Hechts über dem Stammtisch eine feine Hechtsuppe.

 

Schon zur damaligen Zeit pflegten die Hennenschlitter ein reich befrachtetes Fasnachtsprogramm. Nach dem Kappenabend im Januar standen im Februar mit dem Narrenbaumsetzen, dem Schmotzige Dunnschtig noch ein grosses Fastnetsspiel mit anschliessendem Umzug im Kalender. Leider brillierten die Münsterlinger an diesen Tagen zahlenmässig nicht gross – meist hatte Narrenvater Robert einen Soloauftritt. Er verstand es allerdings vorzüglich, sich zu präsentieren und eine grosse Begleitung vergessen zu lassen. Das umfangreiche Programm beeindruckte ihn ausserordentlich stark. In einem Schreiben an den Narrenrat der Markdorfer Narrenzunft erwähnte er, dass auch in Münsterlingen ein Strassenumzug mit anschliessender Konfettischlacht stattfinde. Ob da der frühere Umzug der Psychiatrischen Anstalt gemeint war, ist nicht belegt. Einen solchen gab es wirklich – mit einer Altweibermühle und Böögg-Verbrennung zum Schluss.

 

Anlässlich einer Versammlung im September im Engelberg bei Wirt Willi Müller wurde auch über den unbequemen, weil zu grossen und zu schweren Kopfschmuck gesporchen. Es sollte doch etwas Bequemeres geben, wie sich später herausstellte. Auch zu diskutieren gab die bevorstehende Visite der Hennenschlitter in Münsterlingen. Diese fand dann auch am Samstag, 25. September als erster offizieller Gegenbesuch statt. Via Österreich reisten sie per Bus an. Neben dem fröhlichen Teil war ein anderer Programmpunkt die Besichtigung der Klosterkirche und der Psychiatrischen Anstalt. Auch darüber berichtete danach der Südkurier.

 

 

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Zur Einweihung der neuen Instrumente der Musikgesellschaft Scherzingen wurden auch Gäste aus Immenstaad eingeladen. Neben dem Musikverein Immstaad lief am Umzug durch das Dorf auch eine kleinere Deleagtion der Hennenschlitter mit.

 

Delegation der Hennenschlitter in Scherzingen
Delegation der Hennenschlitter in Scherzingen

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Eine grosse Freude herrsche in der Hechtler-Schar, als an der Generalversammlung die neuen Mützen präsentiert und verteilt wurden – 11 an der Zahl. Ein grosser Dank wurde an Hans Meiers Frau und seiner Tochter ausgesprochen, die in aufwändiger Handarbeit diese neue Kopfbedeckung geschaffen bzw. genäht hatten.

Am Umzug "Heimatkunde der Narretei" der Eulen in Hagnau erfolgte der erste öffentliche Einsatz dieses neuen Kopfschmucks. So liefen dann die recht zahlreichen anwesenden Hechtler nicht nur mit dem traditionellen Hecht auf dem Kopf, sondern auch einige mit der grün-blauen Neuheit mit.

 

Erster Auftritt mit der bequemeren Hechtler-Mütze
Erster Auftritt mit der bequemeren Hechtler-Mütze

 

Dass nicht alle stolz auf den neuen Häs-Bestandteil waren, zeigte sich anlässlich des Besuchs der Münsterlinger am Löli-Ball bei Willi Müller im Engelberg in Bottighofen. Röbi Senn und Hermann Allenspach hatten im Hoheitsgebiet der Lölis echte Hemmungen gehabt, diesen zu tragen.


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A.N.R.-Logo
A.N.R.-Logo

Um den Austausch zwischen den schon zahlreich bestehenden Fasnachtsorganisationen (Zünfte, Cliquen, Vereine etc., wie diese sich nannten) zu koordinieren, entstand die Idee, diese in einer Vereinigung zu vereinen. So wurde unter den einzelnen Fasnächtlergruppen rund um den Bodensee der "Internationalen Narren-Ring" gegründet. Kurz darauf erfolgte aber schon dessen Umbenennung auf "Alemannischer Narren-Ring" (A.N.R.). Robert Greuter wurde als Chef der Hechtler gleich zu dessen Protokollchef gewählt. Es ist überliefert, dass er sich für seine Auftritte für den A.N.R. extra einen Frack schneidern liess. Von Schweizer Seite schlossen sich neben den Hechtlern auch die Löli-Clique Bottighofen und die Ranzengarde Rorschach dieser neuen Vereinigung an. 

 


 

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Die Mitgliedschaft beim A.N.R. zeigte Wirkung. Denn nun trafen in Münsterlingen zahlreiche Einladungen zu den verschiedensten Anlässen der anderen Narrenzünfte ein. Diese führten anlässlich der Hauptversammlung zu hitzigen Diskussionen, wie man allen diesen Feundlichkeiten hätte gerecht werden sollen. Die Mehrheit der Hechtler vertrat die Ansicht, sich auf eine aktive Beziehung zu den Hennenschlittern zu konzentrieren. In seinem Bericht zum vergangenen Jahr stellte der Münsterlinger Narrenvater fest, dass das Durchschnittsalter der mittlerweile 14 Mitglieder 54 Jahre betrug, was einer Überalterung gleichkäme. Diese Feststellung sollte zum Dauerthema werden.

 

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Ein turbulentes Jahr stand bevor. An der Generalversammlung anfangs Jahr machte Robert Greuter einmal mehr darauf aufmerksam, dass die Bereitschaft von Hechtlern den verschiedenen Einladung aus allen Richtungen zu folgen, zu wünschen übrig liesse. Sehr oft sei er alleine oder wenigstens mit einem Begleiter als Vertreter der Münsterlinger unterwegs gewesen. Wegen Überlastung des Jahresprogramms fiel desweiteren auch der Beschluss, aus dem A.N.R. auszutreten. Diese führte aber zu einem Konflikt. Den das Amt als Protokollchef vom Hechtler Robert Greuter war somit infrage gestellt. Um dieses Amt zu retten, erwog er einen Mitgliedschaftswechsel zu den Bottighofer Löli und gleichzeitig den Austritt aus der Hechtler-Clique.

  

Diese verworrene Konstellation in der Clique bewog den Narrenvater dazu, zur Klärung im selben Jahr nochmals eine Mitgliederversammlung einzuberufen und seinen Austritt zu geben. Aus dem Wortlaut von Gustl Stöhrs Einladung zu dieser Versammlung war herauszulesen, dass sich die Hechtler anscheinend in einer Krise befanden und möglicherweise aufgelöst werden sollten. Leider ist von dieser Versammlung kein Protokoll vorhanden, und es ist somit unklar, was genau abgelaufen war bzw. beschlossen wurde.

 

 


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Aus diesem Jahr ist leider auch nichts an Dokumenten vorhanden. Aus dem einzig vorhandenen Papier - die schriftliche Einladung von den Hennenschlittern zu deren Anlässe von anfangs Jahr - kann geschlossen werden, dass die Hechtler zu jener Zeit anscheinend ohne Narrenvater und Koordinator unterwegs waren. Der Brief wies als Adressat nämlich einfach das Vorstandsmitglied Hans Meier auf.